benno barth
award 2019

Die zweite Ausgabe des benno barth award 2019 wurde im Oktober 2018 ausgeschrieben. Innerhalb der Bewerbungsfrist vom 28.02.2019 wurden insgesamt 16 Bewerbungen eingereicht.

In der Jurysitzung vom 13.04.19 wurde entschieden den Förderpreis von insgesamt € 15.000 an zwei Kunstprojekte zu vergeben.

Karin Ferrari, (*1982 Meran, lebt in Wien): Künstlerische Forschungsreise in die USA zur Umsetzung einer Serie kurzer fiktionalisierter Reiseberichte, die erforschen wie sich neue Arten der Spiritualität, Magie und des Aberglaubens im öffentlichen Raum manifestieren.

Andreas Trenker (*1990 Südtirol, I) und Giulia Faccin (I)

Preisträger*innen

Karin Ferrari

(Wien)

Mit Unterstützung des Benno Barth Awards entwickelte Karin Ferrari eine neue analytische Perspektive auf pseudo-sakrale Architektur. Ihre Arbeit verbindet das allgegenwärtige Phänomen kommerzieller Gebäude, deren Strukturen und dekorative Elemente auf antike Sakralarchitektur verweisen, mit Recherchen zur Geschichte anonymer Architektur, Finanzkapitalismus und Bewusstseinskulturen. Ferrari unternahm eine Forschungsreise in die USA, um diese bizarren hybriden Bauwerke zu besuchen und zu dokumentieren: Ein Wellnesspool in einem Luxushotelresort in Las Vegas scheint einem neptunischen Kult geweiht zu sein. In Memphis, Tennessee, befindet sich ein pyramidenförmiges Einkaufszentrum, das größer ist als jede Pyramide in Ägypten. Und New Yorks turmhohe Bankgebäude erinnern an antike griechische Tempel, die damit die ursprüngliche Verbindung zwischen Schuld und Glaube wieder herstellen, wo die Wurzel des Wortes „Kredit“ dieselbe ist wie jene für „glauben“.

Im Laufe der Erforschung wurde das Thema pseudosakraler Architektur immer komplexer. Die Verbindungen zwischen den religiösen Wurzeln des Kapitalismus als Konstrukt der Imagination, und architektonischer Randphänomene wie Mega Churches in verlassenen Einkaufszentren lassen eine mächtige Neuerzählung über Randphänomene kommerzieller Architektur entstehen. In dieser Erzählung nach einem Protagonisten suchend fand Karin Ferrari schlussendlich in New York City einen Protagonisten der die Rolle zwischen weltlicher und sakraler Architektur verkörpert: Rooftop Temples of New York. Auf den Dächern von New Yorks Hochhäusern entdeckte sie Gebäude die als bloße Infrastruktur für Wassertanks, Handymasten oder Aufzugsmaschinenräume ignoriert werden, aber tatsächlich wie Kultstätten aussehen. Sie entwickelte daraus einen umfassenden morphologischen Index dieser Rooftop Temples, der visuelle und theoretische Verbindungen zwischen Sakralarchitektur und städtischer Infrastruktur herstellt. Damit entwickelt Archi_fictions of Ecstasy ein neues Vokabular, mit dem sakral-institutionell-mythologische Manifestationen in der urbanen Umgebung beschrieben werden können.
Text: Bernhard Garnicnig

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Andreas Trenker
und Giulia Faccin

(Bozen - Amsterdam)

Andreas Trenker und Giulia Faccin sind kürzlich von ihrer Forschungsreise nach Eritrea zurückgekehrt, wo sie die Zusammenhänge der kolonialen Vergangenheit Italiens ergründeten.

Das Projekt hat als Ausgangspunkt die Toponomastik und Stadtplanung, die in den Städten Asmara (Eritrea) und Bozen während der Zeit der faschistischen Präsenz auf den jeweiligen Territorien stattgefunden hat. So wie in Bozen noch immer Straßen mit deutlichen Bezügen zur kolonialen Vergangenheit zu finden sind (die Via Amba Alagi ist ein Beispiel dafür), so gab es in der eritreischen Hauptstadt Asmara ebenso viele Örtlichkeiten, deren Name die Verbindung zum italienischen Staat hervorhoben. Letztere haben sich je nach den nachfolgenden Regierungen geändert, während sie in Italien unverändert fortbestehen. Trotz der physischen Präsenz dieser historischen Verbindung scheint das kollektive italienische Gedächtnis die koloniale Vergangenheit verdrängt zu haben. In Eritrea ist diese Erinnerung jedoch sehr lebendig und spürbar. Die italienische Präsenz beschränkt sich nicht nur auf die Architektur, sondern ist in verschiedenen Aspekten des Alltagslebens, wie Essen, Sprache, Bräuche und Kultur, immer noch präsent. Auch wenn die Geschichtlichkeit der Ereignisse Parallelen zwischen den beiden Realitäten (in Südtirol und Eritrea) nahe legen könnte, muss betont werden, dass es naiv und oberflächlich wäre, gemeinsame Schlussfolgerungen zu ziehen.

Die Forschung vor Ort beruhte auf Begegnungen und direkten Erfahrungen, mit dem Ziel, ein undurchsichtiges Kapitel der italienischen Geschichte zu öffnen und so einen Dialog über die koloniale Vergangenheit, eine Reflexion über ihre Auswirkungen in der Gegenwart und eine Einladung, sich die Zukunft vorzustellen, anzuregen. Die Besuche im Technischen Büro von Asmara und die zahlreichen Interaktionen mit der lokalen Bevölkerung haben dazu beigetragen, den menschliche Komponente gegenüber der architektonischen zu bekräftigen.

Das Abschlussprojekt hat als Ziel, diese Erfahrungen in Form einer multimedialen Aufbereitung zugänglich zu machen und sie sowohl online als auch im Kontext einer öffentlichen Auseinandersetzung mit dem Publikum zur Verfügung zu stellen.
Text: Andreas Trenker

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